Was sich bei der Immobilienfinanzierung ändert

Seit Frühjahr 2022 haben sich die Zinsen stark erhöht. Damit endete eine zehnjährige Phase historisch niedriger Zinssätze. Was müssen Immobilienkäufer unter diesen neuen Vorzeichen beachten und inwiefern schauen Banken bei der Darlehensvergabe genauer hin?

Der Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte für die Wirtschaft ebenso wie für Verbraucher in Deutschland gravierende Auswirkungen: Die Inflation erhöhte sich stark, insbesondere weil Energie- und Lebensmittelpreise stiegen. In manchen Monaten des vergangenen Jahres 2022 lag die Teuerungsrate bei knapp zehn Prozent. Dadurch reduzierte sich das Realeinkommen der meisten Menschen. Denn die Lohnsteigerungen hinkten dieser Entwicklung hinterher.

Außerdem stiegen die Zinsen so schnell wie nie zuvor: Zwischen Frühjahr und Herbst kletterten sie für Standard-Immobiliendarlehen von einem auf vier Prozent. Die umgekehrte Entwicklung, die Reduzierung von vier auf ein Prozent, dauerte zehn Jahre.

Monatliche Belastung bei gleicher Darlehenshöhe teilweise verdoppelt

Anfang März 2023 liegen die Zinsen für ein Standarddarlehen bei circa 4,1 Prozent. Was sich für Außenstehende nach wenig anhört, hat für Darlehensnehmer große Auswirkungen. Wer einen Immobilienkredit über 300.000 Euro aufnimmt, für den erhöht sich die monatliche Belastung um mehrere hundert Euro, oftmals bedeutete das eine Verdoppelung der Monatsrate. Dies hat zur Folge, dass viele Kaufinteressierte, die vielleicht schon viele Monate auf der Suche nach einem Haus oder einer Wohnung sind, sich keine eigenen vier Wände mehr leisten können.

Darüber hinaus haben die Banken auch ihr Prozedere der Kreditvergabe an die neue Situation angepasst. Sie planen eine höhere Pauschale für Lebenshaltung und Energie ein, die etwa zehn bis 15 Prozent höher liegt als 2021. Verbraucher müssen ein entsprechendes Einkommen nachweisen, um diese Mehrkosten stemmen zu können, die zu den allgemein höheren Zinsen hinzukommen. Auch ein weiterer Kostenpunkt kletterte: Wer Wohneigentum erwirbt, muss im Schnitt mehr Geld für Betriebs- und Heizkosten einplanen. Banken planten dafür in den zurückliegenden Jahren 2,50 Euro pro Wohnquadratmeter ein. Jetzt liegt der Betrag bei etwa vier Euro.

Banken verlangen mehr Daten zur Immobilie

Außerdem wollen Banken mehr über die Immobilie wissen, um ihren Wert und Wiederverkaufswert zu taxieren. Neben der Lage und der Nachfrage spielt hierbei vor allem der energetische Zustand eine Rolle, also wie viel Heizenergie das Gebäude verbraucht, wie alt die Heizungsanlage ist, welche (fossilen) Brennstoffe sie braucht, ob die Gebäudehülle gedämmt ist und wie alt die Fenster sind. Unter Umständen verlangen die Banken hierbei einen Risikozuschlag. Das heißt, sie fordern mehr Eigenkapital als üblich, weil sie nur eine geringere Summe bereit zu finanzieren sind. Auch wollen sie bei der Finanzierungsprüfung unter Umständen zusätzliche Gebäudeunterlagen wie etwa einen Auszug aus dem Baulastenverzeichnis, bemaßte Grundrisse (von Architekten) oder einen Energieausweis sehen.

Wenn die Hausbank eine Finanzierung verweigert, kann es sein, dass ein anderes Institut beziehungsweise ein freier Finanzierer eine solche hinbekommt. Daher sollten Verbraucher bei mehreren Anbietern Finanzierungsanfragen stellen. Außerdem können sie bei steigenden Zinsen nach einer günstigeren Immobilie Ausschau halten: Vielleicht anstatt in der Stadt am Stadtrand oder im weiteren Speckgürtel suchen? Vielleicht wäre eine Eigentumswohnung eine Alternative zu einem Einfamilienhaus? Immer sollten sie dabei die anstehenden Energiekosten im Auge haben. Bei schlechten Werten müssen sie vor dem Einzug teure Sanierungsarbeiten machen. Bei Neubauten sind die Heizkosten wegen der energetischen Anforderungen sehr niedrig, dafür sind diese in der Anschaffung teurer als Gebrauchtimmobilien.

Für Immobilienkäufer bringt neue Situation auch Vorteile

Die Finanzierung sollte auch in der aktuellen Zinsphase 25 bis 30 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen.

Die aktuelle Entwicklung bringt für Immobilienkäufer auch Vorzüge mit sich. Die Auswahl an Objekten ist gestiegen und insbesondere bei Gebäuden mit Mängeln wie Sanierungsstaus sind die Preise gesunken, unter Umständen lässt sich der Preis weiter während der Vermittlungsphase verhandeln. Außerdem ist der Unterschied beim Zinssatz zwischen Darlehen mit kurzer und langer Bindung verschwunden. Mittlerweile macht es nahezu keinen Unterschied, ob man eine Zinsbindung über zehn, 15 oder 20 Jahre wählt. Vor ein, zwei Jahren lag der Zins bei langer Bindung weitaus höher als bei Darlehen mit kurzen Laufzeiten.