Zu schade für den Straßenbau

Der aktuelle Materialmangel am Bau könnte zu einer Wende bei der Nutzung der Rohstoffe führen. Bislang ist nämlich die Recycling-Quote niedrig. Was sich ändern müsste und was man von historischen Fachwerkhäusern lernen kann.

Die Pandemie trug dazu bei, dass viele Baumaterialien knapp und dadurch teuer wurden. Angefangen von Holz über Stahl und Dämmmaterial: Viele Produkte sind kaum zu bekommen. Ursache sind die pandemiebedingt gestörten globalen Lieferketten, unter anderem an internationalen Häfen, deren Mitarbeiter immer wieder in Quarantäne müssen, während vor den Hafenbecken teils hunderte Containerschiffe darauf warten, ihre Ware zu löschen.

In der Baubranche kommt hinzu, dass die Grundlagen für Beton endlich sind und der Abbau etwa von Kies und Sand immer teurer wird. Von der bei der Herstellung verursachten CO2-Emmissionen ganz zu schweigen. Daher läge es nahe, wertvolle Baustoffe zu recyclen und bei Neubau und Sanierungen wieder zu verwenden. Immerhin entfallen in Deutschland 54 Prozent der Abfälle auf die Baubranche. Wenn die von Wiederverwertung spricht, dann ist zumeist eine minderwertige Nachnutzung gemeint: So werden beispielsweise nach dem Gebäudeabriss Steine und Betonreste klein gemahlen und als Untergrund für den Straßenbau verwendet. Dafür sind die Materialien eigentlich zu schade.

Verbaute Materialien müssten katalogisiert werden

Aber es gibt mehrere Aspekte, die beachtet werden müssten, um eine höhere Recyclingquote zu erzielen. Zunächst müssten alle verbauten Stoffe Eingang in ein Kataster finden. Bei baulichen Veränderungen, Um- und Anbauten müsste es aktualisiert werden. Immerhin wird auf EU-Ebene an einem Gebäudepass für Materialien, ähnlich dem Energiepass, gearbeitet. Das Ziel: bis 2050 soll ein Viertel der Immobilien mit ihren jeweiligen Materialdaten erfasst sein.

Ebenso wichtig ist es, dass die Bauteile und -stoffe möglichst einfach ausgebaut und sortenrein wiederverwendet werden können. Daran hapert es allerdings noch. In Gebäuden werden viele Leitungen aus Kunststoff, Metall und anderen Materialien verbaut, die nur schwer ausbaubar sind. Der Trend geht sogar eher dazu, immer mehr Technik in Gebäuden zu verbauen für Heizung, Klima, automatische Beleuchtungssteuerung etc. Außerdem werden als Bindemittel unter anderem Leime, Bauschaum und Silikone verwendet, die kaum rückstandsfrei getrennt und erneut der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden können.

Holzfachwerk als Blaupause

Im Holzbau ist es seit Jahrhunderten üblich – man sieht es bei Fachwerkhäusern – mit Schrauben und Bolzen zu arbeiten, anstatt mit Leim. So können die Holzbalken nahezu komplett wiederverwertet werden.

Erste Firmen experimentieren zudem mit einem Leasingsystem am Bau, wie die Firma Schüco, die Fenster, Türen und Fassaden herstellt. Insbesondere der Rohstoff Aluminium würde bei einer Sanierung oder dem Abriss zurück zum Hersteller kommen, neu verbaut oder eingeschmolzen werden, um eine neue Bestimmung zu erhalten: als Fensterrahmen oder Autofelge.